Die Johanniter betreiben die Erste-Hilfe-Stelle auf dem hannoverschen Messegelände. Wen genau versorgen sie? Was ist dort Ihre Aufgabe?

Mit 131 Hektar und 26 Messehallen ist das Gelände zu Messezeiten wie eine kleine Stadt. In der geschieht jeden Tag alles Mögliche. Wir leisten die sanitätsdienstliche Versorgung und kümmern uns um alle Personen, die Hilfe benötigen und denen es nicht gut geht.

Manchmal reicht schon ein guter Rat, manchmal braucht es aber auch eine intensive medizinische Behandlung. Ich persönlich verantworte den operativen Betrieb der Erste-Hilfe-Stelle, von der Planung über den Aufbau und Betrieb bis hin zum Abbau.

Wann ist die Erste-Hilfe-Stelle besetzt?

Wir kommen als Erste und gehen als Letzte. Wenn die Aussteller zum Aufbau eintreffen, sind wir bereits da. Und erst, wenn sich alle auf dem Heimweg machen, packen auch wir zusammen.

In der Regel ist die Erste-Hilfe-Stelle täglich von 8.30 bis 18.30 Uhr besetzt. Bei Sonderveranstaltungen auch mal länger, beispielsweise bei einer abendlichen Gala-Veranstaltung oder einer Wiesn-Gaudi in der Münchner Halle.

Und wie sind Sie ausgestattet – sowohl personell als auch technisch?

Im Normalfall sind die großen Messen wie die INTERSCHUTZ, die Hannover Messe oder die Agritechnica mit zwei bis vier Rettungssanitätern in der Erste-Hilfe-Stelle und zwei Rettungswagen besetzt. Der erste RTW kommt morgens ab 8.30 Uhr, der zweite folgt meist gegen 11 Uhr. Wir haben in der Erste-Hilfe-Stelle mehrere Behandlungszimmer sowie Ruheräume und sind mit der Standardausrüstung des Rettungsdienstes ausgestattet, wie sie sich auch auf jedem unserer RTW wiederfindet.

Wie sind Sie auf dem Gelände präsent? Sind Sie bei bestimmten Ereignissen vor Ort?

Auf der Messe bekommt man von uns nicht viel mit. Die Erste-Hilfe-Stelle befindet sich an der Halle 19, direkt am Eingang Nord 1, dort parken auch die RTW. Die Lage ist günstig, in zwei bis drei Minuten können wir überall sein, auch in der hintersten Ecke des Messegeländes.

Bei Sonderveranstaltungen oder risikoreicheren Messeangeboten postieren wir einen zusätzlichen RTW oder Behandlungscontainer, manchmal ist es möglich, wie etwa im Convention Center, einen weiteren Raum zu nutzen.

Und wer alarmiert Sie?

Alarmieren kann uns grundsätzlich jeder, beispielsweise über den Sicherheitsdienst. Auf dem Messegelände gibt es mit der 0511-89-114 eine eigene Notrufnummer. Wer die 112 wählt, erreicht die Regionsleitstelle der Berufsfeuerwehr Hannover, die uns dann alarmiert. Am Ende landet es immer bei uns.

Was sind Klassiker im Arbeitsalltag auf Messen? Was passiert vor allem Ausstellern und was Besuchern?

Auf den Messen passiert alles, was im normalen Leben auch geschieht. Das reicht von der kleinen Schnittwunde, über Bluthochdruck und Knochenbrüche bis hin zum Herzinfarkt oder einem schweren Arbeitsunfall. Für die Aussteller sind die Auf- und Abbautage risikoreicher als die eigentliche Messe.

Da sind der Stress und die Unfallgefahr einfach höher. Bei den Besuchern sind es oft Bagatellverletzungen wie Blasen an den Füßen, Verstauchungen, Kopfschmerzen. Viele trinken während ihres Messebesuches nicht genug Wasser.

Und dann gibt es eine Kopfschmerztablette?

In den meisten Fällen nicht. Wenn kein Arzt vor Ort ist, dürfen wir keine Medikamente ausgeben. Wir können dann Wegzettel zur nächsten Apotheke oder zum nächsten Allgemeinmediziner aushändigen. Die erforderlichen Medikamente im Rahmen der Notfallbehandlung des Rettungsdienstes sind jedoch zahlreich vorhanden und können im Rahmen der Freigaben auch verabreicht werden.

Wie ist es mit den Besuchern, den unterschiedlichen Nationalitäten? Gibt es da Besonderheiten?

Englisch wird natürlich vorausgesetzt für alle Mitarbeiter. Wir haben inzwischen sehr messeerfahrenes Personal, dazu gehört neben der Leiterin der Erste-Hilfe-Stelle, die seit fast 25 Jahren im Team ist, auch einer unserer Rettungsassistenten, der gebürtig aus Liverpool kommt. Es ist viel wert, wenn jemand als native Speaker mit verletzten oder erkrankten Menschen kommunizieren kann. Zu unserer Stammbesetzung gehören viele Frauen.

Es braucht auf einer Messe verstärktes Feingefühl, weil die Menschen, Aussteller wie Besucher, unter Strom stehen. Das hilft aber auch bei Patientinnen verschiedener Glaubensrichtungen, die sich beispielsweise von einem Mann nicht behandeln lassen möchten.

Was war der spektakulärste Einsatzfall auf dem Messegelände?

Kann ich nicht sagen. Doch… aber nicht als Einsatz, sondern in seiner Folge. Wir hatten mal einen Unfall, bei dem sich ein Aussteller zwei Finger abschnitt. Erst wollte er gar nicht ins Krankenhaus, dann ließ er sich doch fahren, war aber ein paar Stunden später mit angenähten Fingern wieder da und führte seine Arbeit fort. Das war schon besonders.

Ganz allgemein gibt es die Tendenz, dass Menschen heute eher geneigt sind einen Notruf abzusetzen oder eine Notaufnahme aufzusuchen als früher. Bemerken Sie diese Tendenz in der Erste-Hilfe-Stelle auch? Haben Sie mehr zu tun als früher?

Im Gegenteil. Bei den Ausstellern gilt die Parole "Durchhalten!", die kommen eher weniger. Gleiches gilt für die Besucher.

Was bedeutet für Sie die INTERSCHUTZ? Und worauf freuen Sie sich am meisten?

Auf das Fachsimpeln mit Kollegen, das Treffen von guten Bekannten und natürlich viel neue Technik. Für mich ist die INTERSCHUTZ der Schmelztiegel des Rettungswesens, hier kommt Blaulicht aus der ganzen Welt zusammen. Ich freue mich auf die INTERSCHUTZ.

Ich freue mich aber auch, wenn sie vorbei ist, denn dann gibt es in alter Tradition wieder für mehrere Minuten das Martinshorn-Konzert mit ungefähr 100 Fahrzeugen. Da bin ich auf jeden Fall dabei.