Vor etlichen Jahren noch galt fluorierter Schaum als wirksamstes Mittel, um vor allem Öl- und Kraftstoffbrände schnell zu löschen. Als jedoch um die Jahrtausendwende die Forschung zu neuen Erkenntnissen kam und das Umweltbewusstsein in der Gesellschaft immer stärker zunahm, geriet fluorhaltiger Schaum zunehmend in die Kritik. Poly- und perfluorierte Chemikalien – so die Wissenschaftler – sind in der Natur sehr schwer oder gar nicht abbaubar. Für die Hersteller solcher Löschmittel wurde die Entwicklung von Alternativen zu einer neuen und zugleich alten Herausforderung.

Auf fast 100-jährige Erfahrung bei der Forschung, Entwicklung und Herstellung von Schaumlöschmittel blickt die Hamburger "Fabrik chemischer Präparate von Dr. Richard Sthamer" zurück. Das Unternehmen war bereits 1886 von dem gleichnamigen Chemiker zu Herstellung chemisch-technischer und pharmazeutischer Produkte gegründet worden. Heute wird es in vierter Generation von Oswald Sthamer und Ingeborg Grabow geführt. Auf der INTERSCHUTZ 2020 ist das Unternehmen in Halle 13 (Stand A28) präsent.

"Die Geschichte der Löschschaum-Produktion begann in den 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts mit Protein-Schaummitteln aus Eiweißträgern Huf und Horn", berichtet Oswald Sthamer. "Das war zugleich der Einstieg in den Produktionszweig, in dem wir heute weltweit Bedeutung erreicht haben. Schaumlöschmittel sind seitdem unser Geschäft."

Von Fluor war zu der Zeit noch längst nicht die Rede. "Man kannte den Effekt damals überhaupt noch nicht", so der heutige Geschäftsführer. Das änderte sich erst in den 1960er-Jahren, als die amerikanische Firma 3M als erster Hersteller ein A3F-Schaummittel entwickelte. "Insofern gilt jetzt so etwas wie ‚back to the roots‘ – zurück zu den Wurzeln." Auch wenn nach wie vor die Wirkung der wasserfilmbildenden, sogenannten AFFF- oder A3F-Löschmittel (AFFF=Aqueous Film Forming Foam) unbestritten ist, geht es nun mit Kräften um die Verwendung neuer biologisch abbaubarer Rohstoffe. "Da muss man teilweise auch Kompromisse machen", sagt Oswald Sthamer. "Ein A3F-Schaummittel war und ist praktisch ein Allrounder. Aber die Gesetzgebung läuft darauf hin, dass man im Laufe der 2020er-Jahre völlig aus der Technologie aussteigen möchte. Das ist auch das Bestreben des Umweltbundesamtes."

Entsprechend werde jetzt intensiv nach Alternativen für große Hochrisikobrände in der Industrie gesucht. "Alle Produkte unseres Hauses werden im werkseigenen Labor mit Hilfe moderner Analysemethoden entwickelt und bis zur Produktionsreife begleitet", betont der Urenkel des Firmengründers. "Durch intensive Beobachtung des Marktes setzen wir im ständigen Dialog mit Kunden, Lieferanten und Forschungsinstituten Wünsche nach neuen oder veränderten Produkten in kürzester Zeit um."

Auf der INTERSCHUTZ will das Unternehmen einen Überblick über die Neuentwicklungen geben. "Wir möchten unter anderem eine neue Produktreihe vollständig biologisch abbaubarer Hochleistungsschaumlöschmittel vorstellen. Das betrifft sowohl alkoholbeständige als auch nicht-alkoholbeständige Produkte", kündigt Oswald Sthamer an. "Wir werden sowohl Protein-Schaummittel als auch synthetische Schaummittel vorstellen. Darüber hinaus zeigen wir Spezial-Löschmittel, zum Beispiel für Fettbrände und Löschmittel für die Feuerlöschgeräte-Industrie und für Spezial-Löschanlagen."

Den rund 50 Sthamer-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommt bei ihrer Arbeit im Hamburger Stadtteil Billbrook inmitten von Flüssen und Kanälen unweit der Elbe das langjährige Know-how der Firma zugute. "Ob Mehrbereichs-Schaummittel, die ihren Ursprung in den 50er-Jahren haben oder alkoholbeständige Schaummittel auf synthetischer Basis – das hatten wir schon Mitte der 50er-Jahre patentiert", erläutert der Firmenchef. Aber auch aktuell bleibt das Unternehmen am Ball: Als erster Hersteller weltweit erhielt Sthamer 2016 eine VdS-Zulassung für Schaumlöschmittel. VdS-zugelassene Produkte erfüllen besonders hohe Qualitätsanforderungen und werden von vielen Versicherern stationärer Löschanlagen gefordert.