Schnelle Hilfe an der Küste

Der Aufenthalt in luftigen Höhen reizte Sina Schlett schon immer. Deshalb zog es die gelernte Physiotherapeutin auch zur Bergrettung. Aber auch das Gegenteil, die Tiefe, faszinierte sie. Als eines Tages eine Notfallsanitäterin bei den Offshore-Rettern gesucht wurde, war die Sache für sie klar. Aus den bayerischen Alpen ging es an die Küste. Mit dem Helikopter ist sie seitdem bei Notfällen unterwegs, um Menschen von Windkraftanlage oder aus Seenot zu retten. „Mein absoluter Traumberuf“, gesteht die 29-Jährige, die bei der Johanniter-Unfall-Hilfe angestellt ist.

Seit Anfang des Jahres gehört Sina Schlett zu den Hubschrauber-Crews des Unternehmens Northern Helicopters, die in Sankt Peter-Ording an der Nordsee und in Güttin auf der Insel Rügen in der Ostsee stationiert sind.

Gerade bei Notfällen auf See kommt es auf schnelle und qualifizierte Hilfe an. So liegen beispielsweise die Windparks in der Deutschen Bucht, auf denen täglich mehrere hundert Menschen unter teils schwierigen Bedingungen arbeiten.

Die medizinische Crew der Hubschrauber besteht neben der Notfallsanitäterin oder dem Notfallsanitäter aus einer Notärztin oder einem Notarzt sowie zwei Piloten sowie dem Windenbediener. Das medizinische Personal ist in der Höhenrettung speziell in Offshore-Windkraftanlagen ausgebildet. Denn die Anlagen sind mehr als 100 Meter hoch. Dadurch sind Notfälle möglich, bei denen Verletzte aus dieser Höhe gerettet werden müssen. Auch die Wasserrettung gehört zur Ausbildung. Selbst wenn die Anforderungen hart sind – bei ihrer Arbeit ist Sina Schlett wunschlos glücklich – fast. Ihre Hoffnung: „Ich würde mich freuen, wenn sich auch noch mehr Frauen für diese interessante Herausforderung begeistern würden.“ Damit spricht sie ein Thema an, über das sich die Retter an Land eher keine Sorgen mehr machen müssen.

„Ich kann mir vorstellen, dass wir in einigen Jahren im Rettungsdienst mehr Frauen als Männer beschäftigen werden“, sagt Kersten Enke, Leiter der Johanniter-Akademie, an der jährlich etwa 350 Rettungssanitäter und –sanitäterinnen sowie 50 Notfallsanitäterinnen und –sanitäter ihren Abschluss machen. „Schon heute sind etwa 42 Prozent von ihnen Frauen“, so Enke weiter. „Sie sind leistungsstark, kommunikativ und haben eine hohe Affinität zu sozialmedizinischen Themen.“

Frauen in der Männerdomäne

Optimistisch blickt auch das Netzwerk Feuerwehrfrauen e.V. in die Zukunft, das seine Aufgabe in der Vernetzung von weiblichen und männlichen Angehörigen aus Berufsfeuerwehren, Werkfeuerwehren und Freiwilligen Feuerwehren sowie Unternehmen sieht. Denn im Feuerwehrdienst ist der Anteil von Frauen noch gering. Doch Vorsitzende Susanne Klatt sieht eine kontinuierliche Steigerung der Zahlen „in der bisherigen Männerdomäne“. Der Verein möchte dazu beitragen, dass, wie die Vorsitzende betont, in der Öffentlichkeit Frauen in der Feuerwehr sichtbarer werden. „Im Rettungsdienst ist das längst der Fall“, sagt sie. Und dort sei die körperliche Belastung meist sogar höher. Oft sei noch in den Köpfen verankert, dass Frauen nicht alles zuzumuten sei.

Breites Angebot auf der INTERSCHUTZ

Inzwischen jedoch sei auch bei den Herstellern von Ausrüstung und Schutzbekleidung angekommen, dass es entsprechende Produkte für Frauen geben muss. Auf der INTERSCHUTZ in Hannover sei ein breites Angebot zu finden. Das Netzwerk Feuerwehrfrauen selbst ist am Gemeinschaftsstand der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) und der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) in Halle 13 (Stand D50) vertreten.

Übrigens sind in dem Netzwerk auch Männer willkommen – nicht nur als Besucher, sondern auch als Mitglieder. „Die Mischung macht’s“, sagt Susanne Klatt und weist auf den 28. Bundeskongress ihrer Organisation Anfang September in Hamburg hin. Dort werde eine abwechslungsreiche Mischung aus praktischen und theoretischen Workshops angeboten, wie zum Beispiel Umgang mit Stress, Suchen und Retten, Höhenrettung, Technische Hilfe, Phänomene der Brandausbreitung, Vorbeugender Brandschutz, der kindliche Patient im Feuerwehreinsatz, Taktische Ventilation, Türöffnung und Ausbildung im Realbrand-Container.

Mit den beiden neuen Initiativen SIE@vfdb und Vielfalt@vfdb will sich auch die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) für mehr Frauen und mehr Vielfalt bei den Feuerwehren und anderen Institutionen der Gefahrenabwehr einsetzen. SIE@vfdb möchte die Präsenz von Frauen in Zukunftstechnologien stärken und mehr Sichtbarkeit für erfolgreiche weibliche Vorbilder schaffen. Mit Vielfalt@vfdb unterstreicht die vfdb unter anderem die Offenheit und Wertschätzung für die Diversität ihrer Mitglieder. Auch der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) setzt sich mit zahlreichen Initiativen für einen größeren Anteil von Frauen in der Gefahrenabwehr ein.

Susanne Klatt vom Netzwerk Feuerwehrfrauen ist zuversichtlich, dass all die Aktionen ihre Wirkung zeigen. „Am besten wäre es, wenn unser Verein eines Tages überflüssig wäre“, sagt sie.