Herr Unger, was sind aktuell die wichtigsten Herausforderungen im Bevölkerungsschutz?

Die Herausforderungen an den Bevölkerungsschutz wachsen, es wird für uns insgesamt "ungemütlicher". Wir sehen die Folgen des Klimawandels mit extremen Wettereignissen. Der internationale Terrorismus nutzt neue Instrumente und Vorgehensweisen. Denken Sie an den Versuch, eine Rizin-Bombe herzustellen.

Wir haben Cyber-Angriffe auf Kritische Infrastrukturen gesehen, die in der Ukraine zu einem "Blackout" geführt haben. Und wir sprechen auch wieder über die Notwendigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung. Das sind alles Themen, mit denen wir uns als Bevölkerungsschützer, letztlich aber die gesamte Bevölkerung zu befassen haben.

Was sind die zentralen Botschaften, die das BBK auf der INTERSCHUTZ aussenden will?

Diese Herausforderungen sind komplex und erfordern ein gesamtstaatliches, ja sogar ein gesamtgesellschaftliches Vorgehen aller. Moderne Technik, wie wir sie auch auf der INTERSCHUTZ zeigen, ist wichtig. Mindestens genauso wichtig sind aber die Menschen, die mit dieser Technik umgehen müssen. Das sind in unserem nationalen System des Bevölkerungsschutzes die Einsatzkräfte von Feuerwehren, Hilfsorganisationen oder dem THW.

Unser System ist gekennzeichnet von föderalen Aufgabenverteilungen zwischen Bund, Ländern und der kommunale Ebene. Gleichzeitig spielen viele private Unternehmen eine wichtige Rolle bei der Daseinsvorsorge. All dies muss zur erfolgreichen Bewältigung von Krisen und Katastrophen vernetzt werden – am besten bereits im Vorfeld eines solchen Ereignisses. Wir sprechen von einem "Integrierten Hilfeleistungssystem", im Verteidigungsfall auch von der "Gesamtverteidigung".

Was erhoffen Sie sich an Impulsen, die von der INTERSCHUTZ für den Bevölkerungsschutz ausgehen?

Bevölkerungsschutz ist ein Thema, das uns alle angeht, dem wir aber auch deshalb alle Beachtung und eigenes Engagement schenken müssen. Unser System des Bevölkerungsschutzes ist im weltweiten Vergleich sehr gut aufgestellt, wir müssen aber auch weiter hart daran arbeiten, um den neuen Herausforderungen gewachsen zu sein. Das beinhaltet auch, dass wir in den Bevölkerungsschutz investieren müssen. Etwa neue Technik beschaffen und neue Technologien entwickeln. ‚Bevölkerungsschutz made in Germany‘ genießt international hohe Anerkennung und ist deshalb ein Instrument unserer Außenpolitik geworden.

Die internationale Zusammenarbeit ist angesichts der auf uns zukommenden globalen Herausforderungen von wachsender Bedeutung. Das macht die INTERSCHUTZ deutlich. Wir nutzen die INTERSCHUTZ, um unsere Projekte der Internationalen Kooperation vorzustellen, und um sie gleichzeitig als Modell für weitere Projekte anzubieten.

Welche Rolle spielen internationale Events wie die INTERSCHUTZ für die Hilfsorganisationen und Akteure im Bereich Bevölkerungsschutz?

Die INTERSCHUTZ ist für uns als BBK die zentrale Plattform, auf der wir zum einen unsere Arbeit vielen interessierten Akteuren aus der großen Familie des Bevölkerungsschutzes darstellen können, zum anderen bietet die INTERSCHUTZ uns die Möglichkeit, mit diesen, insbesondere mit den internationalen Gästen, ins Gespräch zu kommen, uns auszutauschen und zu lernen.

Und schließlich aktuell gefragt: Schärft das gewachsene Interesse am Thema Klimakrise auch das Bewusstsein der Bevölkerung für die Vorsorge im Katastrophenfall?

Unsere Erfahrungen zeigen, dass sich die Menschen nur ungern mit den möglichen Folgen von Krieg, Krisen und Katstrophen befassen wollen. Ein "Blackout" ist bei uns unwahrscheinlich, der Strom kommt regelmäßig aus der Steckdose, warum soll man sich auf die katastrophalen Folgen eines solchen Ereignisses vorbereiten?

Vor diesem Hintergrund ist es sehr mühsam, der Bevölkerung Handlungsempfehlungen für solche Lagen verständlich zu machen. Im Gegenteil, unsere seit Jahrzehnten veröffentlichen Anregungen zur Bevorratung von Lebensmitteln wurden bei der Veröffentlichung der "Konzeption Zivile Verteidigung" plötzlich als Aufruf zu "Hamsterkäufen" diskreditiert. Insofern kommt es doch wohl auf die persönliche Betroffenheit an.

Vor diesem Hintergrund werden die Folgen des Klimawandels, wie etwa Extremniederschläge, Hitzewellen, Dürre, Themen, mit denen wir uns seit Jahren intensiv befassen und zu denen wir auch konkrete Handlungsempfehlungen für Bürgerinnen und Bürger entwickelt haben, auch dazu führen, dass sich die Menschen damit intensiver befassen müssen. Wir versuchen, Ihnen dabei zu helfen.

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