Die Hochachtung vor den Ehrenamtlichen beginnt mit Kleinigkeiten. Die Trage mit dem 80 Kilogramm schweren Rescue-Randy ist viel schwerer als gedacht. Der Rollwagen mit dem Notstromaggregat auch. Die Ausrüstung schützt natürlich. Aber schwer und warm ist sie. Was macht man denn eigentlich zuerst an einer Einsatzstelle? Und wie verheddert man sich dabei nicht im Kabel der VR-Brille?

So in etwa erlebten es die Journalisten beim Medienabend der JUH in der Johanniter-Akademie Niedersachsen/Bremen in Hannover. Bevölkerungsschutz war das Thema. Netzwerken das Ziel. "Der Bevölkerungsschutz liegt mir sehr am Herzen", sagt Hannes Wendler, Mitglied im Landesvorstand der JUH in Niedersachsen und Bremen. "Hinter jedem Helfer steht ein Mensch wie du und ich, der einem Beruf nachgeht, Familie und Hobbys hat und trotzdem die Zeit findet, sich ehrenamtlich zu engagieren."

Vier Stationen hatten die Johanniter aufgebaut, um anzudeuten, was die Helfer leisten und können müssen. "Die Ausbildung und das Training sind wichtig, um in die bestehenden Bevölkerungs- und Katastrophenschutz-Systeme eingebunden werden zu können", so Wendler.

Station eins ist eine Erste-Hilfe-Challenge. Gewinner wird, wer am effektivsten eine Minute lang Herzdruckmassage macht. Die Ungeübten sorgen sich, ob der von ihnen bearbeitete Torso wohl überlebt hätte. Großen Respekt nötigt allen die Vorstellung ab, eine Viertelstunde lang zu drücken, bis der Rettungsdienst eintrifft, im Kopf "Staying alive" zu singen – und das, wenn es tatsächlich um alles geht.

Wie wichtig Kommunikation unter den Helfern ist, wird bei der Station Rescue-Randy klar. Zu viert einen Verletzten zu transportieren, ist eben nur theoretisch eine einfache Sache.

Auf ganz andere Weise beansprucht das Training in der virtuellen Realität. Die Johanniter setzen in der Ausbildung an der Johanniter-Akademie Niedersachen/Bremen 3-D-Simulation ein. Mit der VR-Brille bewegen sich die Teilnehmer durch das Szenario eines Flugzeugabsturzes, eines größeren Unfalls auf der Autobahn oder eines Amoklaufs im Supermarkt. Es geht um die Ordnung des Raumes, taktische Entscheidungen, wie Helfer zu positionieren sind, oder die Frage, welche Lagemeldung jetzt die richtige ist.

Nach kurzer Zeit der Gewöhnung tauchen die Journalisten in die andere Welt ein. "Immersion nennt man das", erklärt Heiner Mansholt, Fachbereichsleiter Bevölkerungsschutz und Einsatzdienste an der Johanniter-Akademie. Die Grenzen zwischen Simulation und Realität verschwimmen. Was vor den Augen erscheint ist nicht echt, das Adrenalin und die Anspannung aber schon. "Willkommen zurück in Hannover", begrüßt Mansholt die Journalisten, die sich erstaunt die Augen reiben, als sie die Brille abnehmen.

Für die letzte Station geht es raus. Dort steht nicht nur der Gerätewagen Verpflegung, in dem die Erbsensuppe für später vorbereitet wird, sondern auch weitere Fahrzeuge mit Spezialausstattung. Der Gerätewagen Sanität gehört zum Behandlungsplatz. 25 Menschen können dort pro Stunde versorgt werden. Beim Medienabend wird nicht versorgt, sondern geschoben. Ein Wagen mit Stromversorgung. Nur mal eben vom Fahrzeug holen, fünf Meter hin, fünf wieder zurück. Und das in der Vollmontur der Helfer. Für den Ernstfall müsste man das wohl nochmal üben.

Netzwerken gehört zum Handwerk. Der Öffentlichkeit zeigen, was täglich trainiert, gewartet und verbessert wird, um immer dann da zu sein, wenn Hilfe nötig ist. "Die Ehrenamtlichen leisten einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft", sagt Wendler. Den Satz sagen viele. An einem solchen Abend aber klingt der Satz anders. Er kommt in den Köpfen an.

Bevölkerungsschutz wird für die Johanniter-Unfall-Hilfe auch auf der INTERSCHUTZ 2020 eine wichtige Rolle spielen. Die VR-Brillen werden sie ebenfalls mit auf das Messegelände bringen.